Wenn Farbe ins Spiel kommt (Folge 2)

Wenn Farbe ins Spiel kommt. – Folge 2: Weitere Regelverstöße, die eine Blaue Karte erfordern

In der vergangenen Folge haben wir Beispiele untersucht, in denen die SR angehalten sind, eine Blaue Karte zu zeigen. Bevor wir uns mit den sich daraus ergebenden weiteren Folgen beschäftigen, wollen wir erst die Situationen abarbeiten, in denen eine Blaue Karte erforderlich wird. Also: Vereinsbrille ab, Schiedsrichterbrille auf – und los geht es.

1.4 Spieler oder Torwarte verschieben absichtlich eines der Torgehäuse.

Derartige Aktionen geschehen primär, um einen Treffer zu verhindern oder um die SR zu einer Unterbrechung zu verleiten. Ein Torgehäuse gilt als verschoben, wenn einer oder beide senkrechten Pfosten nicht mehr auf der Torlinie stehen. Ein gültiger Treffer lässt sich dann nicht mehr eindeutig feststellen. Denn der Ball muss unter der Querlatte ins hintere Torgehäuse eingedrungen sein und die Torlinie zwischen den Torpfosten überquert haben, um als gültig anerkannt zu werden. Torlinie und Torpfosten bilden dabei eine Einheit, wenngleich eine geringe Verschiebung des Torgehäuses aufgrund der laufenden Spielaktionen tolerabel erscheint. Ist jedoch die Absicht eines Spielers erkennbar, das Torgehäuse bewusst verschieben zu wollen – Bingo, Blaue Karte. Mit welchen Handlungen fallen Spieler dabei auf?
– Bevor ein Gegner den Ball schlägt, drückt der Torwart mit seinem Körper oder mit einem Fuß gegen einen Pfosten, ohne einen Ball zwingend abwehren zu müssen.
– Ein Abwehrspieler läuft um das Torgehäuse herum, hält sich mit einer Hand am Torgestänge fest und zieht es aus seiner Position.
– Der Ballbesitz hat gewechselt und Team A fährt einen Konter, ein Spieler von Team B erkennt dies und zieht eines der Torgehäuse aus der Position, damit die SR das Spiel unterbrechen.
Spieler, die so handeln,
und vielleicht noch einen Gegenspieler gegen das verschobene Torgehäuse laufen lassen, müssen damit rechnen, dass ein SR ihre Aktion mit einer Blauen Karte bestraft. Alle Ausreden sind nutzlos, insbesondere wenn die Absicht deutlich wurde.

1.5 Einen Gegner auf gefährliche Art blockieren, schubsen oder angreifen (einschließlich robustes Attackieren gegen die Bande oder Spielfeldumrandung, so dass der Gegner zu Boden fällt, usw.).

Wesentliche Elemente sind in solchen Fällen: gefährlicher Körperkontakt, einen Gegner robust gegen die Bande attackieren, weshalb der Gegner zu Boden stürzt. Worauf müssen die SR achten? – Der Verursacher hindert den Gegner nicht nur an der weiteren Fortbewegung, sondern er geht bei seiner Aktion übertrieben hart vor und nimmt in Kauf, dass sich der Gegner dabei verletzen oder zumindest eine Zeitlang nicht mehr am Spiel teilnehmen könnte. Blockieren und Schubsen sind Elemente, die auch im Zusammenhang mit Teamfouls eine Bedeutung haben. Um eine BK zu rechtfertigen, müssen sie jedoch zusätzlich für den Gegner eine Verletzungsgefahr einschließen. Ein Foul, bei dem der Gegner nicht gegen die Bande stürzt, sondern z.B. die Bande entlang, ist folglich anders zu bewerten, als „robustes Attackieren gegen die Bande“. In solchen Situationen wird die Grenze zwischen TF und BK deutlich. Während sich die einen mal wieder keines Regelverstoßes bewusst sind („gesunde Härte“), fordern die anderen schon gleich eine BK, nur weil sich das Foul „in der Nähe der Bande“ ereignet hat – also nicht „gegen die Bande“, wie das Regelbeispiel es beschreibt. Die SR müssen also nicht nur sehr genau hinsehen, sondern sie dürfen sich auch nicht von außen beeindrucken lassen. Dies gilt im Übrigen auch für die Fälle, bei denen sich die „Gefoulten“ eher weniger geschickt, aber dennoch übertrieben stark fallen lassen. Diese Spieler scheinen zu glauben, sie müssten auch bei eigentlich ungefährlichen Aktionen an der Bande den SR davon „überzeugen“, dem Gegner eine BK zu zeigen.

1.6  Ohne gewalttätig zu sein, auf Körperteile eines Gegners schlagen, die ungeschützt sind (Rumpf, Hände, Arme, Beine oder Knie).

Oberflächlich betrachtet, erscheint dieser Regelverstoß etwas merkwürdig. Schließlich impliziert doch Schlagen irgendwie den Gewaltaspekt. Oder etwa nicht?? – Nun, auch hier gibt es noch einige Dinge zu berücksichtigen. Was bezweckte der Verursacher mit seiner Aktion? Richtete sich die Aktion zielgenau auf die ungeschützten Körperteile, oder wollte der Verursacher vielleicht doch nur den Ball spielen? Wurde eine Verletzung des Gegners in Kauf genommen, oder hat der Verursacher den Gegner nur zufällig dort getroffen? Hatte der Verursacher die Anwesenheit des Gegners überhaupt bemerkt? Derartige Situationen ereignen sich häufig in Tornähe und im jeweiligen Strafraum, wenn sich der Ball nicht mehr am Boden befindet. Mehr oder weniger willkürlich arbeiten die Verursacher hier mit ihren Schlägern und versuchen sich stets herauszureden, doch nur den Ball treffen zu wollen. Doch es geht nicht darum, was man erreichen wollte, sondern darum, was man getan hat. Die getroffenen ungeschützten Körperteile sind dabei in den meisten Fällen ebenso gut zu erkennen, wie die Aktion selbst. Ähnlich verhält es sich auch bei derartigen Handlungen im Mittelfeld, wenn ein Verursacher einen Gegner nicht mehr erreichen kann, um ihm den Ball regelgerecht abzunehmen, und dann mit dem Schläger – „rein zufällig“ versteht sich – dessen Oberschenkel oder dessen Oberarm trifft. – Zack: Blaue Karte. Den Unterschied zur Roten Karte macht allein der Geswaltaspekt aus. Mitunter schwierig zu erkennen sind versteckte Fouls, wie z.B. den Schläger quer in den Rücken des Gegners „drücken“, weil die Aktion durch die Körper der beiden Spieler verdeckt wird.

In der nächsten Folge werden wir die übrigen Beispiele beleuchten, die eine Blaue Karte erfordern, bevor wir auf die jeweiligen Folgen eingehen, die mit diesen Disziplinarstrafen verbunden sind.