Teamfoul – Das unbekannte Wesen (Folge 4)

Folge 4: Kontaktfouls ohne Gewalteinwirkung

In den vorherigen Folgen haben wir Teamfouls während einer Unterbrechung sowie im Rahmen von Blocken und Behinderungen untersucht. Jetzt geht es um Kontaktfouls wie Halten, Schubsen, gegen den Schläger schlagen oder gegen die Schienbeinschützer, die keine brutalen Aktionen darstellen und die auch nicht auf eine Verletzung des Gegners hinauslaufen. Im Grunde genommen könnten darunter auch die Behinderungen erfasst werden, bei denen es sich mehrheitlich ebenfalls um Kontaktfouls handelt. Zunächst gilt es jedoch auch hier erst einmal, eine gemeinsame Definitionsbasis zu finden – auch wenn die Regelmacher wieder einmal keine große Hilfe sind.

Halten liegt vor, wenn ein Spieler einen Gegner durch den Einsatz von Händen oder Armen, durch sonstigen Körpereinsatz oder unter Zuhilfenahme des Schlägers daran hindert, an ihm vorbei-, um ihn herum- oder von ihm wegzulaufen. Typische Beispiele sind: Festhalten am Trikot, an den Armen oder am Körper des Gegners; den Arm des Gegners mit der Hand blockieren, damit dieser den Ball nicht abnehmen kann; einen Gegner, der hingefallen ist und aufstehen möchte, mit der Hand nieder drücken; usw.

Schubsen liegt vor, wenn ein Spieler einen Gegner ohne erhebliche Gewalteinwirkung durch eine Stoßbewegung mit den Händen oder mit den Armen, durch sonstigen Körpereinsatz oder unter Zuhilfenahme des Schlägers so aus dem Gleichgewicht bringt, dass dieser ins Stolpern gerät und/oder deswegen zu Boden, gegen die Bande, gegen das Torgehäuse oder gegen einen anderen Akteur auf dem Spielfeld stürzt. Typische Beispiele sind: einem Spieler im schnellen Konterangriff einen kleinen Impuls geben, dass dieser die Körperkontrolle verliert und den Ball nur unkontrolliert oder gar nicht abspielen oder annehmen kann; einen Spieler mit Einsatz des Körpers so abdrängen, dass dieser aus der Balance gerät; den quer gehaltenen Schläger in den Rücken des Gegners drücken und den Gegner versuchen abzudrängen; die Hand auf den Rücken eines Gegners legen und diesen zielgerichtet aus dem aktuellen Bereich des Spielfelds wegschieben; hinter dem Gegner stehend mit dem Rollschuh kurz gegen den Rollschuh des Gegners treten, sodass dieser die Körperkontrolle verliert und ein Zuspiel nicht annehmen kann. (Anmerkung: Letztere Aktion unterscheidet sich vom Beinstellen oder vom Treten mit dem Rollschuh durch die Intensität. Beinstellen und kräftiges Treten mit dem Rollschuh ziehen eine Blaue Karte oder sogar eine Rote Karte nach sich.)

Kontaktfouls ereignen sich häufig in Interaktion mit dem Gegner, d.h. auch der Gegenspieler hat in seinem Bestreben um Ball und Positionen einen gewissen Anteil an Körperkontakten, die für sich genommen noch kein Teamfoul auslösen (Ausnahme „Falsches Blocken“). Für die SR gilt es, in diesen Situationen rechtzeitig und sehr genau hinzusehen, wer die Regelwidrigkeit begeht. Schließlich muss ein Spieler einen Raum, den er besetzt hat, nicht frei geben. Mit „intelligentem Antizipieren“ können die SR hier nicht nur Überraschungen vorbeugen und Fehlentscheidungen reduzieren, sondern langfristig ihre Akzeptanz unter den Trainern und auf den Reservebänken fördern.

Gegen den Schläger schlagen, wird regelwidrig, wenn ein Spieler mit seinem Schläger in einer zielgerichteten Schlagbewegung (meistens abwärts oder seitwärts) den Schläger eines Gegenspielers trifft und diesen dadurch so benachteiligt, dass er Ball- oder Körperkontrolle verliert. – Huch! Es gibt demnach auch Kontakte mit dem Schläger, die nicht regelwidrig sind? Und die die SR veranlassen, ein TF nicht anzuzeigen? – Um unnötige Spielunterbrechungen zu vermeiden, weist Art. 26.4.2.1 SPRGLN 2018 die Unparteiischen an, das Spiel normal weiter laufen zu lassen, ohne ein Foul anzuzeigen, wenn ein Spieler den Schläger des Gegners nur leicht „berührt“. Auch hier sind wieder alle Spektren möglich. Was der eine als „leichte Berührung“ wertet, hält ein anderer schon für eine „knüppelharte Attacke“.

Einen wichtigen Hinweis liefert insbesondere der Zweck der Aktion. Richtete sich die Aktion des Spielers ausschließlich auf den Ball, und trifft er diesen auch, dann ist ein anschließender Kontakt gegen den Schläger des Gegners als zufällig, d.h. ohne Auswirkung auf das Spielgeschehen, zu werten. Versuchen zwei Spieler den frei liegenden Ball zu schlagen und treffen dabei Schläger gegen Schläger (sog. Pressschlag), wem sollten die SR ein TF zuerkennen? Je nach Fan-Lager wahrscheinlich immer dem anderen. Nein, das Spiel muss nicht unterbrochen werden! Aber: Trifft ein Spieler den Schläger des Gegners und verliert dieser deshalb die Kontrolle über den Ball – PIEP, Teamfoul. Oder: Trifft ein Spieler zuerst den Schläger des Gegners und danach den Ball (sog. Lupfen) – PIEP, Teamfoul.

Gegen die Schienbeinschützer schlagen, wird regelwidrig, wenn ein Spieler wiederholt und/oder heftig mit seinem Schläger meist in zielgerichteten Bewegungen gegen die Schienbeinschützer eines Gegenspielers schlägt, sodass dieser deshalb Ball- oder Körperkontrolle verliert.

Ja. – Auch hier gewähren die Spielregeln den SRn noch einen – wenn auch geringen – Ermessensspielraum. „Wiederholt“ und „heftig“ sind dabei die Zauberworte. „Wiederholt“ bedeutet, in derselben laufenden Aktion zweimal oder noch öfter kurz aufeinander folgend. „Heftig“ sagt etwas über die Intensität des Schlages aus. Solche Aktionen ereignen sich üblicherweise, wenn ein Spieler dem Ballbesitzer nicht mehr folgen kann oder verspätet in der Situation ankommt. Weil er den Ball jetzt nicht mehr erreichen kann, versucht er nun den Gegner zumindest noch beim Laufen zu stören. Hat ein Spieler nach Einschätzung des SRs die Kriterien erfüllt, und ist auch eine Vorteilsituation zu verneinen, dann soll der SR das Spiel unterbrechen und ein TF gegen den Verursacher anzeigen. In diesen Situationen haben Mannschaften und SR sehr häufig eine unterschiedliche Auffassung vom Timing – die einen fordern ein TF eher, die anderen später oder gar nicht. Und schließlich gibt es auch unter den SRn solche, die schon bei der Ausholbewegung mit dem Schläger zum Pfiff Luft holen, und andere die noch tiefenentspannt abwarten, ob der Ballbesitzer weiterhin „Herr der Lage“ bleibt.

Verhindert ein Spieler mit einem TF (z.B. Halten oder Schubsen eines Gegners) eine offenkundige Situation auf einen möglichen Torerfolg, ordnen die SR je nach Ort des Geschehens einen Direkten Freistoß (DFS) oder einen Penalty (PEN) an. Das TF wird dann weder angezeigt noch gezählt.Alle anderen TFs sind dem ASR zur Registrierung anzuzeigen, sie sind in den Spielbericht einzutragen. Das Spiel wird mit einem indirekten Freistoß (ind FS) fortgesetzt.

In der nächsten Folge beschäftigen wir uns mit weiteren Besonderen Situationen, in denen die SR Teamfouls anzeigen sollen.

Ein Beitrag der Schiedsrichterkommission Rollhockey