Thomas Ullrich (im Bild links) ist bei der U17-Europameisterschaft im italienischen Correggio als Schiedsrichter im Einsatz. In den Fokus seiner Arbeit vor Ort rutschte in den letzten Wochen aber die kurzfristig aufgeworfenen Regeländerungen und deren praktische Umsetzung. Erst kurz vor dem Wettbewerb, der erstmals auch vom Damen-Nachwuchs ausgetragen wird, stellte World Skate das neue Regelwerk in spanischer und gewohnt holprig formulierter, lückenhafter englischer Version zur Verfügung.
Die wichtigste Regeländerung: Wir spielen mit dem Fuß!
Der Schläger bleibt aber weiterhin das Mittel der Wahl, wenn es um den Transport des Balles geht. Auch Tore dürfen nach wie vor nur mit dem Schläger erzielt werden. Die einzige Ausnahme bleibt hier der Torwart, dessen regelkonforme Abwehr, so sie denn im gegnerischen Tor landet, auch weiterhin als gültiger Treffer zählt. Was aber ab sofort erlaubt ist, macht die Arbeit für die Unparteiischen deutlich leichter. Musste bisher zwischen ungewolltem Kontakt, Stoppen des Balles und Kicken unterschieden werden, und dabei auch noch auf die jeweilige Positionierung des Spielers im Strafraum oder außerhalb geachtet werden, so fällt das zukünftig alles weg. Nahezu jedenfalls. Nur in der Torwart-Schutzzone unmittelbar vor dem eigenen Tor dürfen Bälle nicht mit dem Fuß abgefangen werden.
Wie sich das Rollhockey-Spiel mit der neuen Fuß-Option entwickelt, bleibt abzuwarten. Bei der U17-EM zeigen sich, neben deutlichen Abwehrhaltungen bei Torschüssen und Pässen auch bereits erste Versuche den Ball im Zweikampf aktiv „mitzunehmen“. Die lauten „Fuß“-Rufe gehören damit aber endgültig der Vergangenheit an. Sie waren zwar seit der letzten Regeländerung schon längst überholt, als nur noch aktives Kicken oder Stoppen des Balles, nicht aber der blosse Kontakt mit dem Fuß geahndet werden musste, doch ist die neue Regelversion gerade für den Laien deutlich verständlicher.
Pfeifen statt Winken bei Penalty und direktem Freistoß.
Bei Penalty und direktem Freistoß wird das Spiel zukünftig wieder mit einem Pfiff durch den Schiedsrichter fortgesetzt. Der Schütze kann auch nach Belieben antäuschen. Die anderen Spieler dürfen sich mit dem Pfiff bereits auf den Weg machen und auch der Torwart darf sich dann bereits bewegen. Einzig seine Schutzzone darf er erst verlassen, sobald er Schütze den Ball getroffen hat. Und gerade damit kann er sich (etwas) Zeit nehmen. Die Verteidiger brauchen etwas, bis sie auf ihn aufgeschlossen haben. Der voreilige Torwart, der – wenn auch nur mit der Schlägerspitze – seine Schutzzone verlässt, bevor der Schütze den Ball getroffen hat, ist zu ermahnen, sofern der Schütze den Penalty oder direkten Freistoß nicht verwandelt. Zukünftig zählen diese Ermahnungen auch genauso wie alle anderen Ermahnungen. Verlässt der Torwart beim gleichen oder irgendeinem anderen Penalty oder Direkten erneut seine Schutzzone zu früh, und verhindert damit einen Treffer, zeigen ihm die Schiedsrichter die blaue Karte.
Was insgesamt nach einer Vereinfachung für den Keeper klingt, wird damit aber eher zu einer schweren Last. Er darf sich mit dem Pfiff bewegen, ist in seinem Bewegungsradius aber auch gleich wieder erheblich eingeschränkt. Spaniens Schlussmann stolperte im Halbfinale der U17-Herren gegen Italien über diese Regel und erhielt folgerichtig zwei Minuten Bedenkzeit.
Es wird nicht mehr gezählt.
Überall dort, wo die 45-Sekunden-Anzeige für das passive Spiel zum Einsatz kommt, soll zukünftig auch auf das Zählen durch den Schiedsrichter verzichtet werden. Mannschaften und Zuschauer können den Ablauf der jeweiligen Zeit auf den Anzeigen hinter den Toren verfolgen. Auch dies vereinfacht die Arbeitet der Schiedsrichter.
Ullrich leitet das U17-Damen-Finale.
Die U17-Europameisterschaft 2023 geht heute mit den Platzierungsspielen zu Ende. Deutschlands erfahrenster internationaler Schiedsrichter kam dabei täglich zum Einsatz, leitete unter anderem das Halbfinale der U17-Herren zwischen Portugal und Frankreich und wird heute Abend das letzte Spiel der EM zusammen mit seinem spanischen Kollegen Rubén Fernández leiten. Nach dem Finale der U17-Herren zwischen Portugal und Spanien treffen noch die U17-Damen Portugals und Englands aufeinander.
Es ist das erste Finale einer U17-Damen-Europameisterschaft und damit ein besonderes Spiel, auf das sich Ullrich freut. Eine weitere besondere Begegnung, die er seiner, nach 23 Jahren internationaler Schiedsrichter-Tätigkeit mittlerweile immerhin etwas längeren Liste an Highlights anhängen wird.
Die erste offizielle U17-Damen-Europameisterschaft rückte mit den aktuellen Regeländerungen etwas in den Hintergrund. World Skate Europe will an der gemeinsamen Ausrichtung aber zukünftig festhalten. Als SK-Vorsitzender wertet auch Thomas Ullrich diese Kombination aus Damen und Herren-EM für den DRIV als durchaus positiv. „Die beiden Teams können sich in der Vorbereitung und vor Ort gegenseitig unterstützen, Ressourcen und Kräfte teilen. Die Unterstützung setzt sich dann auch auf der Tribüne fort, das fördert das Gemeinschaftsgefühl.“
Auch zum geänderten Regelwerk hat er eine eindeutige Meinung. „Die aktuellen Änderungen erleichtern uns Schiedsrichtern die Arbeit deutlich. Das wird sich auch in den regionalen und nationalen Spielbetrieb im DRIV positiv auswirken.“ Er hofft, dass diese deutlichen Regel-Vereinfachungen auch die Gewinnung neuer Schiedsrichter positiv unterstützen wird.
(C) Foto: Michael Simon.