Der finale Tag der 54. Rollhockey-Europameisterschaft war für das deutsche Team ein mehr als gebrauchter Tag. Die Gründe sind vielschichtig. Letztlich schaffte es das Team aber einfach nicht, sein Potential voll auszuspielen, blieb – wie in so mancher EM-Begegnung vorher schon – ziemlich blass und schlichtweg zu ungefährlich.
An der Halle angekommen wurde das Team plötzlich zum Corona-Test gebeten, zwei am Morgen festgestellte positive Fälle im Team Portugal setzten das Corona-Protokoll für alle Mannschaften in Gang. Andorra war quasi zwei Schritte früher an der Halle und kam in die sofortige Testung, Team Deutschland musste sich anstellen. Zwar bestanden alle die Corona-Tests, doch der gewohnte Zeitplan für die Spielvorbereitung war hinfällig. Mit einer halben Stunde Verspätung ging es in die Kabine. Das Komitee reagierte halbherzig und gab nur 10 Minuten auf die Anspielzeit. Beim Warm-up brach dem Kapitän dann auch noch das Gestell, nicht etwa eine austauschbare Achse, gleich das ganze Gestell. Mit eigenen Rollen, aber einem Ersatz-Schuh, hastete Lucas Karschau gerade noch rechtzeitig in die Start-Aufstellung. Das Motto des Nachmittags: „Haste Sch… am Schuh, haste Sch… am Schuh“.
Keiner konnte heute an die gestrige Leistung gegen Italien anknüpfen. Nichts funktionierte, Deutschland bekam keinen Zugriff auf das Spiel, die Struktur fehlte völlig, kam auch nicht wirklich rein. Chancen waren Mangelware und wenn, dann nicht gefährlich genug. Andorra stand defensiv absolut sicher, ihr Schlussmann hatte einen guten Tag. Bis sechs Minuten vor dem Ende hätte man Deutschland den Ball auch auf die Linie legen können, es wäre wohl kein Tor gefallen. Andorra hingegen kam vom Start an gut weg, stellte zur Pause auf sichere 0:5. Dass Deutschland die zweite Halbzeit mit 1:0 (Christoph Rindfleisch, 44.) für sich entscheiden konnte, Keeper Fynn Hilbertz, der zur Pause für Jan Kutscha kam, seinen Kasten sauber hielt, half heute nur wenig. In Durchgang zwei kamen Karschau und Co. zwar etwas besser ins Spiel, waren aber trotzdem noch weit von der am Vortag gezeigten Leistung entfernt.
So endet diese Europameisterschaft in Paredes mit einem etwas enttäuschenden sechsten und damit schon letzten Platz. Es wäre aber auch nicht viel mehr drin gewesen für das Team von Tobi Wahlen. Denn überraschend starke Franzosen, die quasi mit fünf Legionären durchspielten, waren die Überraschungs-Mannschaft des Turniers, gesellten sich nicht nur in die Gruppe der Top-Nationen Europas, sondern sahnten mit der Silbermedaille gleich richtig gut ab, hatten eine Hand gar lange am Pokal. Ob sie sich dauerhaft dort festsetzen können, wird die Zukunft zeigen. So blieb Deutschland nur Andorra als realistisch schlagbarer Gegner in einem sehr überschaubaren Teilnehmerfeld. In der Vorrunde gelang ein 5:1-Erfolg, das „Rückspiel“ am Finaltag entschieden die Andorraner, die in der Katalanischen Liga spielen, mit 1:5 für sich.
Das Spiel um Platz drei zwischen Portugal und Italien wurde nicht ausgetragen. Das europäische Komitee entschied, es den beiden Teams nach den Corona-Fällen im portugiesischen Team-Umfeld freizustellen, das Spiel auszutragen. Italien zog es wegen drohender Einreise- und Spielsperren in der italienischen Liga nach Kontakt mit positiven Fällen vor, nicht anzutreten. Der Podestplatz blieb leer.
Europameister wurde Spanien, die sich am Abend im Finale in der Verlängerung mit 2:1 (0:0, 1:1) gegen gleichwertige Franzosen durchsetzen konnten. Beide Kontrahenten standen sich bereits am Vorabend auf dem Parkett des Pavilhao Multiusos in Paredes gegenüber, Spanien siegte da mit 3:1. Ein Ergebnis, das beiden Teams für den Finaleinzug reichte und schon weit vor Spielende auf der Anzeige leuchtete. Die mit Frankreich und Spanien punktgleichen Portugiesen (je eine Niederlage und ein Remis) schauten in die Röhre, witterten gar ein abgekartetes Spiel. Tatsächlich ermahnten die unparteiischen (portugiesischen!) Schiedsrichter beide Kapitäne wegen Anti-Spiels, schickten sie knapp drei Minuten vor dem Ende gar auf die Strafbank, doch der nächste Schritt, ein Spielabbruch, blieb aus. Das Finalticket fest in der Hand war aber auch keine Seite wirklich bereit, noch ein unnötiges Risiko einzugehen. Der Unmut der Gastgeber entlud sich in einem Pfeifkonzert.
Foto: Matthias Feldhoff