Teamfoul – Das unbekannte Wesen
Folge 2: Regelwidriges Blocken
In der vorherigen Folge haben wir die Teamfouls (TF) während einer Spielunterbrechung beleuchtet – insgesamt drei Situationen, ausschließlich durch Abwehrspieler (Verteidiger; VT) verursacht und auf Spielverzögerung ausgelegt. Nun nehmen wir uns die TFs während des laufenden Spiels vor, die Artikel 31.1.2 SPRGLN 2018 beispielhaft benennt:
Regelwidriges Blocken oder absichtliche Behinderung eines Gegners
Kontaktfouls ohne Gewalteinwirkung und ohne größere Verletzungen hervorzurufen, wie z.B. Halten oder Schubsen eines Gegners, gegen den Schläger eines Gegners schlagen oder gegen dessen Schienbeinschützer.
Der Verursacher ist – zum ersten Mal und bei laufendem Spiel – für einen Regelverstoß verantwortlich, der gemäß Artikel 30.3.1.1 (Vortäuschen einer Verletzung oder eines Fouls durch den Gegner) + 3.1.2 SPGLN 2018 (ohne Erlaubnis durch die HSR über die Bande steigen) eine Ermahnung nach sich zieht.
„Blocken“ gilt seit einigen Jahren auch im Rollhockey – ähnlich wie beim Basketball und Handball – als ein taktisches Spielelement, bei dem ein Mitspieler in eine aussichtsreiche Situation für einen Torerfolg gebracht werden soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass „Blocken“, richtig ausgeführt, eine regelgerechte Aktion eines Spielers darstellt, obwohl sie einen Gegner faktisch daran hindert, eine aussichtsreiche Abwehrposition einnehmen zu können.
Während „Falsches Blocken“ grundsätzlich nur angreifende Spieler (ANG) im Rahmen einer gemeinsamen Angriffsaktion verursachen können, hat jeder abwehrende Spieler – also auch ein Torwart – jederzeit die Möglichkeit einen Gegner auf andere Art und Weise an der Spielentwicklung oder an der Teilnahme am Spiel zu hindern („Behinderung“). Die SR müssen demnach parallel auch deren Aktionen auf Regelkonformität überprüfen.
Worauf muss der SR achten, damit er Blocken als regelgerecht bewerten kann? – Zunächst einmal muss der ANG im Sichtfeld des Gegners agieren, und er darf keinen Körperkontakt herstellen. Ein Block, den ein ANG unmittelbar hinter einem VT stellt, oder bei dem der ANG den VT berührt, ist also schon einmal klar regelwidrig. Darüber hinaus hat der ANG zwei Optionen: Er darf bis max. seitlich im Laufweg des VT stehen bleiben (statisch), oder in der Bewegung (dynamisch) dessen Handlungsoptionen erschweren. Ob er sie tatsächlich verhindern kann, liegt auch am Geschick des VT, sich dem Block zu entziehen. Denn auch der VT interagiert auf dem Spielfeld – entweder ist er in Bewegung oder nicht. Steht er, dann darf der ANG so dicht wie möglich blockieren. Läuft er soeben in eine bestimmte Position, dann muss der ANG mind. 50 cm Abstand einhalten, und dem VT Raum zum Ausweichen gewähren. Schließlich darf der „Blocker“ keine Aggressivität zeigen: Oberkörper leicht nach vorn gebeugt, Rundung des Schlägers auf Höhe der Rollschuhe. Auch ein sog. „Nachziehen“ ist nicht erlaubt, weil damit der Raum zum Ausweichen genommen wird. Der „Blocker“ darf also nicht aus einem regelgerechten statischen Block heraus den Schläger plötzlich so halten, dass der VT einen größeren Bogen fahren muss, um den Block zu vermeiden. Auch eine Veränderung der Körperhaltung (in den Laufweg hinein lehnen), die den gleichen Effekt bewirkt, ist nicht zulässig. Beides führt zu einem Teamfoul.
Schwierigkeiten für den SR: Er muss neben den üblichen Bewegungen der Spieler und den technischen Aspekten bei Ballführung und Passspiel den optimalen Zeitpunkt erwischen, um den Ablauf des Blocks exakt zu erkennen. Dies hat sehr viel mit Erfahrung zu tun, aber auch mit dem Wissen über die Laufwege und den Zweck des Blocks innerhalb der verschiedenen Spielzüge. Dabei ist ein Block also niemals der Endpunkt vor einem Torschuss, sondern stets Teil von Bewegungsabläufen mehrerer Spieler einer Mannschaft, um einem Mitspieler die Chance auf einen Treffer zu ermöglichen. Geschickt durchgeführt kann sogar der „Blocker“ selbst derjenige sein, der letztlich den Treffer erzielt.
In den meisten Fällen versuchen die VT, die geblockt werden sollen, dem SR die Regelwidrigkeit eines Blocks zu signalisieren, indem sie selbst Körperkontakt zu dem „Blocker“ herstellen. Der SR soll dann annehmen, dass der „Blocker“ den Abstand nicht eingehalten hat. Auch hier spielen Erfahrung und das Erkennen der Abläufe eine große Rolle. Im Zentrum der Kritik wird aber stets der SR stehen, solange die betroffenen Seiten (Spieler, Trainer, Delegierte usw.) nicht bereit sind, ihre Vereinsbrillen auch einmal abzusetzen. Bei objektiver Betrachtung der jeweiligen Spielsituationen liegen die SR nämlich häufig richtig. Dies zeigen auch die Auswertungen der internen Spielbeobachtungen.
Welche legalen Gegenmittel stehen den Abwehrspielern zur Verfügung? Sie können einen Block nur verhindern, indem sie dem „Blocker“ keine Möglichkeit geben, den für sein Vorhaben notwendigen Raum zu besetzen. Sie müssen den relevanten Bereich auf dem Spielfeld also vor dem „Blocker“ besetzen. In letzter Konsequenz wird dies unvermeidbar zu Konfliktstellen führen. Für den SR bedeutet dies, ganz genau darauf zu achten, wer Körperkontakt herstellt, und wer einen regelwidrigen Impuls setzt. Verpasst der SR den Zeitpunkt, zu dem er den Kontakt wahrnehmen kann, wird er eine Entscheidung nicht sicher treffen können, und das Spiel eher weiterlaufen lassen, als falsch zu entscheiden. Denn: SR sollen nur bewerten, was sie deutlich wahrnehmen. Mehr nicht!! – Verspätetes Hinsehen, d.h. wenn der Kontakt schon geschehen ist, könnte demnach auch eine Ursache für eine unterschiedliche Bewertung von Spielsituationen durch die SR, aber auch durch andere Betrachter des Spiels sein. Manchmal sind nämlich die Dinge auch im Rollhockey nicht so, wie sie scheinen.
Auf jeden Fall geht es dabei aber weniger um einen „falschen Block“, sondern eher um Behinderungen, denen wir uns in der nächsten Folge widmen wollen.
Ein Beitrag der SR-Kommission Rollhockey im Januar 2019.